Das Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg wird sowohl wegen seiner Vielfalt und seines Community-Aktivismus gefeiert als auch wegen Schmutz, Drogen und Gefahr gemieden. Wie die Bewohner*innen ihren Kiez sehen, wird oft in Anekdoten und politischen Statements dargestellt, aber kaum systematisch untersucht. Deshalb hat ein Forschungsteam des Georg-Simmel-Zentrums für Metropolenforschung an der Humboldt-Universität im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg an Haustüren geklingelt und nachgefragt: Wodurch fühlen sich die Menschen in ihrem Wohngebiet unsicher? Würden sie denken, dass mehr Polizeipräsenz die Un-/Sicherheit erhöhen würde? Was erwarten sie von anderen Anwohner*innen, und inwiefern tragen solche Erwartungen zum Gefühl der Sicherheit bei? Trägt die alltägliche Nutzung der Nachbarschaft zum Sicherheitsgefühl bei? Dieses kleine Buch stellt die Ergebnisse der Studie vor. Es engagiert sich kritisch mit der berühmten These, dass "Augen auf der Straße" soziale Kontrolle und damit mehr subjektive Sicherheit erzeugen, und untersucht die Relevanz von Dunkelheit, Dreck und Drogen sowie von Achtsamkeit, Gemeinsamkeit und Zugehörigkeit. Die Studie zeigt, dass das Sicherheitsempfinden in einer städtischen Nachbarschaft von vertrauter Öffentlichkeit abhängt. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass Menschen einschätzen können, was sie um sich herum sehen (eine Fähigkeit, die bei wiederholter Nutzung von Orten zunimmt) und darauf vertrauen, dass andere Bewohner*innen ihnen den Rücken freihalten. Dabei muss den Menschen nicht immer alles gefallen, was sie an ihrem Wohnort erfahren. Aber in dichten Stadtgebieten mit hoher Diversität profitieren die Bewohner*innen von gegenseitigem Wiedererkennen, wenn es um das Sicherheitsempfinden geht.